Dienstag, 14. Dezember 2021

[Weihnachtscountdown 2021] Tag 14 - Beitrag 2 - Laura Misellie



Weihnachten in „Hailey Blake“ Band 2

Ich bleibe nicht lange auf meinem Zimmer. Nur so lange, bis ich mich umgezogen habe und mein Geschenk von Stevie in meine Hosentasche gleiten lasse. Einen Freundschaftsring aus einem schwarz schimmernden Metall, das ich nicht benennen kann. Etwas albern, wie ich finde, aber den Grundgedanken finde ich süß. Sie hat mir drei Stück geschickt. Einen davon für mich. Ich soll die übrigen Ringe den zwei Menschen geben, die mir am wichtigsten sind, denen, die mir am meisten bedeuten.
Nachdenklich sinke ich auf meine Bettkante und öffne die SMS, die Stevie mir am Nachmittag geschickt hat.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass Ray einen der Ringe bekommt. Aber ich bin gespannt zu erfahren, wer den Zweiten erhalten hat.«
Da hat sie richtig gelegen. Ray hat seinen Ring heute Morgen von mir bekommen, weil es für mich völlig außer Frage gestanden hat. Seither grübele ich. Ich habe heute tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, den anderen Ring Jess zu geben. Doch nachdem ich gerade lautstark – und für die ganze Straße zu hören – Kai verteidigt und ihn meinen Freund genannt habe, bin ich mir nicht mehr sicher. Ich habe ihn gewählt und ihn Alex vorgezogen. Wähle ich ihn erneut und ziehe ihn damit auch Jess vor?
Na ja, niemand zwingt mich, sofort eine Entscheidung zu treffen. Also gehe ich zurück zu den anderen – nun reichlich underdressed, weil ich wegen der Kälte in meinen Knochen das schicke Kleid durch eine Jogginghose ersetzt habe.
Die Bescherung lässt mich nach einer Weile den Streit mit Alex restlos vergessen. Gemütlich sitzen wir zusammen – inzwischen in der Couchecke – während wir auf etwas chaotische Weise Geschenke über den Tisch hin- und herreichen.
Mein erstes ist das von Luk gewesen. Eine Kette, die ich von einem Einkaufsbummel wiedererkenne. Offenbar hat er sich gemerkt, dass sie mir gefallen hat. Das Nächste ist von Caitlin. Eine Sammlung Verfilmungen von historischen Romanen. Neulich sind wir darüber ins Gespräch gekommen und haben schnell diese Gemeinsamkeit entdeckt. Ich schmunzele. Es steht also ein Mädchenabend an. Lesley schenkt mir eine Uhr, die – abgesehen von den Glitzersteinen darauf – sogar meinen Geschmack trifft. Von Ray bekomme ich ein gerahmtes Foto von ihm, Kai und mir. Es ist kurz nach meinem Einzug entstanden, weil Caitlin uns dazu gedrängt hat. Dabei liegt eine Tafel Schokolade. Ich lese mir die dazugehörige Karte durch und lächele. Schokolade soll glücklich machen.
Jess hat kein Geschenk zum Auspacken für mich. Er grinst mich stattdessen an und zeigt mir ein Foto auf seinem Handy. »Ich war beruhigt, als du sagtest, in einer Hütte würdest du Urlaub machen wollen«, sagt er. Im Display erkenne ich eine Holzhütte mit einer Veranda davor, umgeben von Wald. »Ich würde dich gerne mal mit dahin nehmen. Wenn es nicht mehr so verflucht kalt ist«, setzt er amüsiert hinzu.
Wow, damit lässt er mich wohl wirklich in seine Welt. In einen Teil, den ich nicht kenne, und den er mit Menschen verbindet, die ihm wichtig sind.
Ich lächele und lasse mir von Kai ein weiteres, kleines Päckchen auf den Schoß legen. Gedanklich noch bei der Hütte, packe ich es aus und entdecke darin ein filigranes, silbernes Armband mit meinem Namen als Gravur. »Das ist wunderschön«, bemerke ich. »Ist das von dir?«
Kai nickt. Weil alle anderen ebenfalls noch damit beschäftigt sind, ihre Geschenke auszupacken und auch Jess sich von mir abwendet, weil Lesley in diesem Moment verzückt quietscht – das muss wohl die herbeigesehnte Handtasche sein – halte ich Kai meinen Arm entgegen, damit er mir hilft, sein Geschenk anzulegen.
Ich werfe noch einen Blick darauf, dann sehe ich zu Luk hinüber, der gerade erzählt, dass die Verkäuferin im Laden wohl betont hat, dass sich da aber eine Frau sehr über ihr Präsent freuen würde. Lesley stört das nicht, er grinst und riecht sogar im selben Moment an dem Leder.
»Hier.« Kai stupst mich mit der Hand am Bein an und hält mir ein weiteres Paket entgegen.
Verwundert nehme ich es an. Eigentlich habe ich doch inzwischen von jedem etwas bekommen, oder nicht? Was kann das sein? Mir fällt auf, dass Kai sich angespannt zurücklehnt, und ich stutze. »Ist das auch von dir?«, frage ich.
»Mach es einfach auf«, sagt er nur.
Ich entferne das Geschenkpapier, und als ich die kleine Klappschachtel öffne, in der ich fast noch ein Schmuckstück vermutet habe, stockt mir der Atem.
Es ist ein Schlüssel.
Es dauert einen Moment, bis ich die passenden Worte finde. »Ich habe doch schon einen«, bemerke ich irritiert.
»Du hast einen, der ins Schloss passt, ja«, sagt Ray anstelle von Kai. »Der hier ist eher eine symbolische Geste.«
»Wofür?«
Ray grinst. »Wir haben nicht mehr darüber gesprochen, wie lange du noch bleibst, und da kam Kai die Idee ...« Er nimmt das überraschte Raunen wahr. »Ja, seht mich nicht so an, es war wirklich seine Idee«, betont er. »Na ja, jedenfalls haben wir uns unterhalten, und uns fiel kein Grund ein, wieso du wieder gehen solltest. Kai?«
Der lehnt sich vor und sieht mir geradewegs in die Augen. »Du kannst hier wohnen«, sagt er knapp. »Nicht für eine Weile und mit der Ungewissheit, wann du gehen musst. Ich biete dir an, zu bleiben. So lange du willst.«
Ich bemühe mich, meine Gedanken zu ordnen. Meint er das etwa ernst? Er fragt mich tatsächlich, ob ich bei ihm bleiben will. Kai, der unfreundliche und distanzierte Bad Boy, bietet mir an, bei ihm einzuziehen. So richtig, nicht auf Zeit.
Ich kann nicht in Worte fassen, wie glücklich ich gerade bin. Nur ein Nicken bekomme ich zustande, ich bin sprachlos.
Die Geräuschkulisse um mich herum nimmt wieder zu. Nur ich sitze einfach da und starre auf den Schlüssel in meiner Hand.
Egal, ob ich bei Kai wohne oder wie distanziert er mich behandelt, wenn andere dabei sind. Egal, dass ich Alex vor nicht mal einer Stunde seinetwegen davongejagt habe. Egal, dass Enya Kai nicht besonders mag, ihn das halbe Dorf verteufelt, ja, dass sogar meine verstorbene Mutter ihn nicht ausstehen konnte. Es drängt sich nur noch ein Gedanke in den Vordergrund.
Ich wähle ihn. Immer und immer wieder wird meine Wahl dieselbe sein. Eintausend Mal und mehr.

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