Textauszug aus „Kinder der Wälder – OCIA“
von Patricia Rieger
Meijra entschlüpfte ein kleiner Seufzer. Wieder einmal musste sie sich ermahnen, dass sie sich nun in einer fremden Welt befand und sich somit an die hiesigen Gegebenheiten anzupassen hatte, auch wenn es ihr nicht immer leicht fiel. Viele Dinge hier waren für sie nach wie vor verwirrend. Zum Beispiel dieses seltsame Weihnachtsfest, das sie vor einer Woche im Kreise der Familie Martin gefeiert hatte. Sie hatte zwar durch die Brainprints viel über die Religion gelernt, der Sean angehörte, aber nicht so recht verstanden, warum das Weihnachtsfest auf diese ganz besondere Art gefeiert wurde. Grundsätzlich fand sie die Vorstellung, Mutter Natur zu ehren, indem man einen Baumwächter feierte, ja verständlich, doch die Tatsache, dass er dafür abgeschlagen wurde und sein Leben lassen musste, hatte sie zutiefst erschüttert. Es hatte etwas von einer Opferung an sich, und tatsächlich spielten Opfer in Seans Religion eine große Rolle. Denn so, wie sie es verstanden hatte, wurde durch dieses Fest auch ein Mann geehrt, der sich freiwillig für die Gemeinschaft geopfert hatte. Sie stellte es sich so ähnlich vor, wie die Opfergänge in Hernidion.Als sie mit Sean über ihre Gedanken gesprochen hatte, hatte er ziemlich verwirrt reagiert und war noch einige Zeit danach sehr nachdenklich gewesen. Er hatte ihr auch nicht erklären können, warum dieser Gott, an den er glaubte, immer als Mann angesprochen wurde. In Hernidion wusste schon jedes Kleinkind, dass nur eine Mutter fähig war, Leben zu spenden. Deshalb glaubte man dort vor allem an das Wirken von Mutter Natur.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen